WIESCHEMANN Rechtsanwälte stellen Eilantrag für Gastronomen gegen die neue CoronaSchVO NRW – Sperrstunde, Alkoholabgabeverbote und Reduzierung der Gäste an einem Tisch

Die Gastronomie hat sich als einer der sichersten Orte im öffentlichen Raum erweisen. Das RKI geht im Bulletin vom 17.9.2020 davon aus, dass nur 0,49% der Infektionen auf Restaurants und Gastronomie zurück gehen. Die Gastronomen haben mit großer Verantwortung gegenüber ihren Gästen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern in den letzten Monaten öffentliche Räume geschaffen, in denen persönlicher Kontakt zwischen den Menschen weiterhin möglich ist. Sie erfüllen damit ein wichtige Funktion für das gesellschaftliche Leben und haben dafür erhebliche Investitionen und wirtschaftliche Belastungen in Kauf nehmen müssen.

Umso mehr verwundert es, dass das Land NRW die Gastronomie mit neuen Beschränkungen belastet, die einen wirtschaftlichen Betrieb nahezu unmöglich machen.

Die Maßnahmen sind für die Eindämmung der Epidemie bereits ungeeignet, weil sie einen Teilbereich des öffentlichen Lebens in Anspruch nehmen, der aufgrund der Anordnungen des § 14 CoronaSchVO in Verbindung mit der Anlage „Hygiene- und Infektionsschutzstandards“ zur CoronaSchVO NRW zu den sicheren Orten gehört, in dem Infektionen nicht stattfinden und damit folgerichtig nicht unterbunden werden können.

Von 55.141 vom RKI bis zum 11.8.2020 übermittelten Fällen, bei denen das Infektionsumfeld identifiziert werden konnten, entfallen lediglich 0,49% oder 38 Ausbrüche mit 273 positiven Tests auf Restaurants und Gaststätten. An 55% dieser Fälle waren nur zwei bis 4 Personen beteiligt. Restaurants und Gastronomie sind daher ein überdurchschnittlich sicherer Bereich des Lebens.

Vielmehr entstehen durch die Sperrstunde, das Alkoholabgabeverbot und die Zahlenbegrenzung Fehlanreize, den Ort der sozialen Kontakte in solche Bereiche zu verlagern, die der Regulierung und der Kontrolle entzogen sind und daher eine erhöhtes Infektionsrisiko vermitteln. Die aus der Gastronomie verdrängten Gäste gehen gehen in den häuslichen Bereich, der sich aus guten Gründen jeder Kontrolle entzieht und in dem sich vermehrt Infektionen ergeben haben.

Die Maßnahmen sind umso unangemessener, als dass die Gastronomie als Adressat des § 14 CoronaSchVO und der Anlage „Hygiene- und Infektionsschutzstandards“ zur CoronaSchVO NRW einerseits bereits erheblichen Umsatzeinbußen unterliegt, andererseits aber wegen der Auflagen erhebliche Investitionen getätigt hat. Damit hat der Verordnungsgeber einen Vertrauenstatbestand geschaffen, die wirtschaftliche Grundlage nicht mit weiteren Maßnahmen zu gefährden, soweit dadurch nicht ein spezifisches, mit dem Betrieb der Gastronomie einhergehendes Infektionsrisiko gemindert werden soll. das besteht aber ganz offensichtlich nicht. Der Verordnungsgeber belastet die Gastronomie überobligatorisch zur Verminderung des allgemeinen Infektionsrisikos, das nahezu ausschließlich in anderen Bereichen stattfindet, die auch einer Regulierung zugänglich sind.

Zwar kann Alkoholkonsum im Einzelfall aufgrund seiner enthemmenden Wirkung zu im Hinblick auf den Infektionsschutz problematischen Verhaltensweisen (Schreien, lautes Reden, geringere Distanz zwischen Einzelpersonen etc.) im Rahmen einer Ansammlung führen.

Das generelle Alkoholabgabeverbot erweist sich aber, soweit es auch für bislang nicht durch infektiologisch bedenkliche Verhaltensweisen auffällig gewordene Orte gilt, als nicht erforderlich.

Die abstrakt mit dem Alkoholkonsum einhergehende Gefahr eines auch infektiologisch bedeutsamen Verhaltensmusters, daher Unachtsamkeit und Abstandsunterschreitung, hat sich zumindest bisher nach den Feststellungen des RKI im Bulletin vom 17.09.2020 für den Bereich der Gastronomie nicht manifestiert, vermutlich aufgrund der hohen Regulierungs- und Überwachungsdichte. Für den unregulierten und nicht kontrollierbaren privaten Bereich, oder der Kontrolle entzogener Teilbereiche des öffentlichen Raums, wie Parks, Parkplätze und andere Orte, die sich als Treffpunkte etabliert haben, ist das hingegen wegen der Vielzahl der Anwesenden und der fehlenden Möglichkeit ortsfesten Aufenthalts (Sitzplätze) zu befürchten.

Hinreichend zur Begegnung dieser Gefahr wäre aber ein zeitlich begrenztes Alkoholabgabeverbot an Stellen, die nicht § 14 Abs. 1 CoronaSchVO unterliegen, also an Verkaufsstellen, die nicht dem Verzehr an Ort und Stelle dienen, sondern der Deckung des kurzfristigen Bedarfs zum Konsum in einem der Kontrolle entzogenen Ort.

Dies würde einen Erwerb und den Verzehr alkoholischer Getränke an Ort und Stelle in kontrollierten Betreiben iSd. § 14 CoronaSchVO in Verbindung mit Zif. 1 der Anlage „Hygiene- und Infektionsschutzstandards“ zur CoronaSchVO NRW, die sich als sicher erwiesen haben, ermöglichen und eine Verdrängung in den risikobehafteten Bereich sozialen Lebens verhindern, der der Kontrolle entzogen ist. Dies wäre epidemiologisch wünschenswert und würde die von der Regulierung Betroffenen weniger belasten, als ein vollständiges Abgabeverbot.

Die Sperrstunde und das zeitgleiche Alkoholabgabeverbote schaffen hingegen Fehlanreize, die epidemiologisch riskant sind.