LEICHTATHLETIK

Die Eigenvermarktung von Athleten ist in der Leichtathletik noch nicht so weit entwickelt, wie beispielsweise im Fußball. Gerade davon kann die Leichtathletik aber lernen und Konflikte vermeiden. WIESCHEMANN Rechtsanwälte haben einen Konflikt zwischen NIKE, PUMA und TV Wattenscheid zumindest vorläufig entspannen können.

Regelmäßig entsteht für den in einem Verein am Wettbewerb teilnehmende Sportler ein Konfliktfeld zwischen den Rechten, die er dem Verein im Rahmen des Vereinssponsoring zu übertragen hat, und den Rechten, die er im Rahmen seiner Einzelvermarktung an eigene Sponsoren übertragen will. Das Sportmanagement und das Sportrecht hat in der Sportart mit dem höchsten Wertschöpfungspotential und der höchsten Kapitalisierung, dem Fußball, ein Instrumentarium entwickelt, das den Interessen von Sportler, Verein und Sponsor oder Ausrüster Rechnung trägt, weil alle Beteiligten um den Konflikt wissen.

Das Wissen ist fraglos bei den Sponsoren und Ausrüstern auch in der Leichtathletik vorhanden, es sind die gleichen wie im Fußball, bei den Athleten in der Leichtathletik und ihren Managern eher weniger. Das scheint hier Nike ausgenutzt zu haben.

Die Geschichte ist durch den nachstehenden Artikel in der WAZ öffentlich und deswegen schnell erzählt. NIKE war Vereinsausrüster des TV Wattenscheid 01 und hat sich vom Verein zusichern lassen, dass alle Sportler in Ausrüstung und Bekleidung von NIKE starten. Dazu war erforderlich, dass sich der Verein von seinen Sportlern das Recht einräumen lässt, darüber zu bestimmen, mit welcher Ausrüstung sie an den Start gehen.

Danach hat sich NIKE die Rechte, von denen NIKE wusste, dass die Athleten diese bereits an den Verein abgetreten hatten, noch einmal von den Sportlern im Rahmen eines Einzel Ausstatter Vertrages abtreten lassen. Damit war der rechtliche Konflikt bereist vorhanden, auch wenn er nicht ausgetragen musste, solange NIKE Einzel und Vereins-Ausstatter in einer Person war.

Das änderte sich aber, als NIKE den Vertrag mit TV Wattenscheid 01 beendete und später PUMA Vereins-Ausstatter und Sponsor wurde. PUMA und auch ADIDAS zeigen sich in solchen Situationen eher konsensorientiert und suchen den Interessenausgleich. Der Vertrag von NIKE mit den Sportlern sprach hingegen eine eindeutige Sprache: Nur NIKE, keine fremden Logos auf der Bekleidung. Eine Forderung, die die Athleten schlechthin nicht erfüllen konnten.

Rechtlich ist die Position von NIKE schwer bedenklich. Im Kern verspricht NIKE in dem Einzelaustattervertrag den Sportlern einen wirtschaftlichen Vorteil (Sponsorengeld), damit diese ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Verein brechen PUMA Ausstattung und die LOGOs der anderen Sponsoren zu tragen und stattdessen Ausstattung von NIKE zu nutzen. Dieses Verständnis rückt den Vertrag in den Bereich von Strafbarkeitsrisiken durchdie Neufassung des § 299 StGB, die im Profisport bisher noch nicht die notwendige Beachtung gefunden hat. Ich empfehle Lektüre des Aufsatzes von Herrn Prof. Kubiciel in SpuRt 1/2019 Seite 17ff.

In jedem Fall ist das Verhalten indes wettbewerbswidrig aber – mehr noch – einfach nicht sehr fair gegenüber den betroffenen Sportlern und nicht sehr sympathisch für die Marke.

Die Auseinandersetzung hat noch keinen vollständigen Abschluss gefunden, auch wenn der erste schritt vor den deutschen Meisterschaften zu einer Entspannung geführt hat. Den Sportlern in der Leichtathletik ist aber dringend zu raten zukünftig die Einräumung von Rechten an den Verein und Einzelsponsoren klar voneinander abzugrenzen und die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen.

Folgender Artikel von Melanie Meyer erschien am 03.08.2019 in der WAZ:

TV Wattenscheid erringt Sieg mit Signalwirkung

BOCHUM.  Ein Ausrüsterwechsel brachte Athleten in Schwierigkeiten. Pünktlich zur Deutschen Meisterschaft gibt es eine Lösung für den TV Wattenscheid.

Daniel Jasinski wird am Samstag anders aussehen als sonst. Wenn der Diskuswerfer des TV Wattenscheid bei der Deutschen Meisterschaft im Berliner Olympiastadion in den Ring steigt, wird er nicht wie gewohnt ein Trikot von Nike tragen. Weil sein Verein Anfang des Jahres den Ausrüster wechselte, wird er im Puma-Dress antreten. Dass der Nike-Athlet Jasinski in Puma starten darf, ist das Ergebnis einer zähen Auseinandersetzung, ein Ergebnis mit Signalwirkung.

Streit um die Sportkleidung

Doch der Reihe nach. Zum neuen Jahr hatte Nike sich nach jahrelanger Zusammenarbeit als Ausrüster des Leichtathletik-Vereins zurückgezogen. Puma trat an deren Stelle. Das Problem für einige Athleten: Neben dem Vertrag mit dem Verein hatten sie auch private Verträge mit Nike geschlossen. „Nike hatte damals bemerkt, dass einige Athleten eben besonders erfolgreich und damit auch besonders werbeträchtig sind“, erklärt Anwalt Christof Wieschemann. Neben Jasinski sind Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz, Weitspringerin Sosthene Moguenara, Mittelstreckenspezialist Marius Probst und Langstreckenläufer Hendrik Pfeiffer betroffen. Doch nur Jasinski startet in Berlin. „Nike verlangte, den – wohl bemerkt nach dem Vereinsvertrag abgeschlossenen – Einzelvertrag zu erfüllen und ausschließlich im Nike-Trikot zu starten.“

Wattenscheid-Manager Michael Huke war verzweifelt. „Als Verein haben wir immer die Interessen der Athleten im Blick“, berichtet er. „Doch wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber unserem Ausrüster.“ Mit Hilfe von Wieschemann kam man einer Lösung näher. Der Bochumer Experte für Sport- und Markenrecht sagt: „Das, was Nike wollte, ist wettbewerbsrechtlich unzulässig – also haben wir ihnen die Tür aufgestoßen und einen Vorschlag gemacht.“ Man einigte sich: Die Athleten dürfen, wenn sie den Verein repräsentieren – wie bei Deutschen Meisterschaften – im Puma-Trikot antreten. Bei kommerziellen Veranstaltungen im In- und Ausland tragen sie Nike. Mit Adidas gebe es diese Regelung übrigens längst.

Andere Vereine sensibilisieren

Vor wenigen Tagen erhielt der Verein die schriftliche Bestätigung – gerade rechtzeitig zur DM. „Es ist ein Fall mit Signalwirkung“, sagt Wieschemann. „Er soll Vereine und Athleten dafür sensibilisieren, nachzufragen, ob Verträge miteinander kollidieren und mit dem geltenden Recht in Deutschland übereinstimmen.“