RB Leipzig: DFL spielt unfair – Red Bull aber auch

Rechtsanwalt Wieschemann über das Lizenzierungsverfahren des RB Leipzig. Vom 08.05.2014:

Es schien alles so wundervoll zu sein. Sportlich hatte RB Leipzig die Qualifikation zur 2. Bundesliga mit einer starken Saison in Liga 3 in der Tasche. Doch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) muckte bereits früh auf und hat nun am Donnerstag durchgegriffen.

Sie haben die Beschwerde gegen die Auflagen an den Verein abgewiesen, RB müsste nun die Strukturen und das Wappen ändern oder die Lizenz ist futsch. Gerüchteweise seien der DFL die roten Bullen im Emblem dem Red Bull-Logo zu ähnlich, auch die hohen Eintrittshürden bei den Leipzigern seien viel zu hoch. Ein Dorn im Auge ist natürlich seit Anbeginn des Engagements der Investor an sich.

Der Ligaverband versucht anscheinend mit aller Macht den Aufstieg noch zu verhindern. Dabei haben sie ganz schlechte Karten. Die so oft in diesem Zusammenhang gebrachte 50+1-Regel greift nur für Kapitalgesellschaften, RB ist jedoch offiziell ein Verein. Also ist der erste Einwand nichtig.

Die Mitgliederstruktur ist in der Tat mit angeblich acht oder neun in vielen Augen bedenklich. Doch sie ist schlichtweg legitim und kann von der DFL nicht beanstandet werden. In Deutschland muss ein Verein der Allgemeinheit zugänglich sein. Das bestätigte auch Sportrechtsanwalt Christof Wieschemann schon vor einigen Wochen gegenüber Goal Deutschland. „Und das Minimum, dass sie der Allgemeinheit dienen, ist, dass sie auch der Allgemeinheit zugänglich sind“, erklärte der Anwalt damals. Würden die Eintrittshürden zu hoch sein, „riskieren sie möglicherweise ihren Gemeinnützigkeitsstatus“.

Der Bundesfinanzhof urteilte vor Jahren bereits, dass „Verpflichtungen zur Zahlung von laufenden Beiträgen, Aufnahmebeiträgen und Umlagen, deren Höhe eine Repräsentation der Allgemeinheit im Mitgliederbestand nicht mehr gewährleistet“ für die Gemeinnützigkeit „schädlich“ seien. Sprich, die Hürden dürfen die Allgemeinheit nicht ausgrenzen.

Die Frage ist nur, wann sind diese Hürden zu hoch? Der ehemalige Bundesliga-Profi und heutige Sportrechtsanwalt Rico Kauerhof erklärte im MDR, dass die 800 Euro Jahresbeitrag, aber auch die Ablehnung ohne Grund rechtlich zulässig seien. „Das ist durch die Vereinsautonomie abgedeckt. Ein Verein kann den Zugang auf materieller und formeller Ebene beschränken“, sagte der Leipziger Jurist. Also auch die Hürden, die von der DFL angemahnt werden, sind rechtlich keine.

Außerdem kann der Ligaverband maximal kritisch auf die Satzung schauen, aber nichts dagegen machen. Die für einen Verein so wichtige Gemeinnützigkeit bewertet so oder so jährlich das zuständige Finanzamt. Verlören sie diese, ist die Lizenz weg. „Dann verlieren sie auch automatisch ihr Teilnahmerecht an Wettbewerben von DFB oder DFL“, erklärte Wieschemann.

Die Einflussnahme der Red Bull-Mitarbeiter im Vorstand ist zwar auch heikel, aber eben rechtlich sauber. „In der Lizenzierungsordnung und der Satzung des Ligaverbands untersagt keine Vorschrift die jetzige Struktur von RB Leipzig“, betonte Sportrechtsanwalt Heiner Kahlert im März bei Goal Deutschland.

Selbst wenn die Lizenz-Hüter dies beanstanden würden, könnten sie wohl kaum verlangen, die gesamte Führungsetage des Klubs innerhalb von nur wenigen Wochen umzubauen. Dass RB dies spätestens mit Erreichen eines europäischen Wettbewerbs müsste, fordert die Wettbewerbsintegrität der UEFA. Demnach dürfe eine Person oder ein Investor nicht bei zwei in europäischen Wettbewerben vertretenen Vereinen involviert sein. Mit Ralf Rangnick als Sportdirektor bei Red Bull Salzburg und RB Leipzig ist diese Regel ganz offensichtlich verletzt, die Lösung aber immens einfach, erklärte Wieschemann weiter: „Es würde pro forma ausreichen, einen anderen Sportdirektor zu installieren. Dann wäre die Sache formal nicht zu beanstanden.“

Die Frage nach dem Logo ist ebenso in einer Grauzone des Regelwerks beheimatet. Die DFL habe eine Überarbeitung dessen gefordert. „Änderung notwendig? Nein“, erklärte Kauerhof: „Aus Gründen des Bestandsschutzes und auch, weil der Wortlaut der Norm nicht einschlägig ist.“ Zudem gab es bereits im Jahr 2009 das eine oder andere Problemchen, doch am Ende hat es der Deutsche Fußballbund (DFB) beziehungsweise dessen Landesverband in Sachsen keine Einwände gehabt. Das Querschießen der DFL bezeichnete der frühere Leverkusen-Manager und Liga-Präsident Wolfgang Holzhäuser bei Sky als „Bruch in der Logik“. Beide seien schließlich durch den Grundlagenvertrag miteinander verbunden und es sei „schwer nachvollziehbar“, warum die DFL so handele, obwohl doch der DFB bereits im Vorfeld keine oder nur kaum Einwände hatte.

Im Großen und Ganzen hat die DFL nicht in der Hand, sie lehnt sich weit aus dem Fenster und jede gerichtliche Auseinandersetzung würde sie wohl verlieren. Das sind Fakten. Dem Gefühl nach, treibt der Verband schon in gewisser Art ein perfides Spiel. Mit aller Macht versucht er das Projekt aufzuhalten.

Ganz und gar nicht, betonte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert in der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung: „Wir treffen keine Entscheidung, um in irgendwelchen Fan-Foren Applaus zu kriegen. Wir treffen eine Entscheidung, von der wir glauben, dass sie das umsetzte, was die 36 Profivereine festegelegt haben.“

Das Hin und Her, die möglich Lizenzverweigerung freut den einen oder anderen Traditionsfan, den Investor Dietrich Mateschitz ganz und gar nicht. Er schäumte im Interview mit der Leipziger Volkszeitung vor Wut und sprach von einem „Entmündigungsantrag“ und betonte, dass es „gerade jetzt, wo alles auch sportlich“ funktioniere, „das Aus“ drohe.

Liebäugelt Red Bull also nach einer möglichen Lizenzverweigerung mit dem Abschied? Das wiederum ist falsches Spiel des Investors. Auf der einen Seite pumpen sie Geld in die Stadt und betonten immer wieder, wie wichtig es für die Region sei, doch dann sprechen sie schnell von einem Rückzieher. Das geht auch wieder nicht und befeuert – zu Recht – die Kritik am Konstrukt RB Leipzig. Dennoch muss auf Grundlage der rechtlichen Lage entschieden werden. Und da haben die Roten Bullen einfach ein Ass im Ärmel.

Fabian Biastoch

Causa RB Leipzig: DFL spielt unfair – Red Bull aber auch

 

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