Was hat das für einen Sinn?

Gespräch mit dem Magazin für Fußballkultur 11 Freunde vom 28.8.2013:

»Was hat das für einen Sinn?«
Hoffenheims Eren Derdiyok will seine Trainingsbeteiligung im Bundesliga-Kader rechtlich erwirken. Wir sprachen mit Sport-Jurist Christof Wieschemann über Arbeitnehmeransprüche im Fußball und die ominöse Trainingsgruppe II.

Christof Wieschemann, Hoffenheims Eren Derdiyok versucht am heutigen Nachmittag, seine Teilnahme am Bundesliga-Training der TSG einzuklagen. Wie schätzen Sie als Experte für Sportrecht die Situation ein?
Das ist schwierig zu beurteilen, die Details sind einem Außenstehenden ja verborgen. Wir hatten so eine Situation vor ewigen Jahren (Saison 1999/2000, d. Red.) mal beim VfL Bochum mit dem ehemaligen Strümer Achim Weber. Der hatte wie Eren Derdiyok einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt – und gewonnen.

Hoffenheim sieht Derdioyks Klage allerdings gelassen entgegen.
Das Besondere in Hoffenheim: Es handelt sich nicht um eine »klassische« Verbannung zu den Amateuren, wie es so häufig vorkommt in den Bundesligen, sondern um die Gründung einer zweiten Trainingsgruppe. Der markante Unterschied liegt in der Qualität des Kaders, der da trainiert. Es sind unter anderem ehemalige Nationalspieler (Edson Braafheid, Tim Wiese, Tobias Weis, Eren Derdyiok, d. Red.) dabei. Darüber hinaus kann man im Betreuerstab und an der Versorgung dieser Mannschaft fast identische Verhältnisse wie im Bundesliga-Kader feststellen. Als ich das mitbekommen habe, war mein erster Gedanke: »Da ist jemand, der sich gute Gedanken gemacht hat, wie man mit diesem heiklen Thema umgeht.«

»Wir haben verantwortungsvoll bestmögliche Bedingungen geschaffen«, sagt TSG-Sportchef Alexander Rosen. Zurecht?
Was der Arbeitgeber nicht machen darf, ist ohne sachlichen Grund repressiv auf die Spieler einzuwirken. Sollte Derdiyok das behaupten, kann sich das Blatt wenden. Wenn es aber ausschließlich um die Trainingsqualität geht, sehe ich das für Hoffenheim recht positiv.

Der laut Vertrag vorgeschriebene »ordnungsgemäße Trainingsbetrieb« scheint also gewährleistet zu sein. Eren Derdiyok und sein Berater behaupten das Gegenteil.
Unabhängig von der konkreten Gestaltung des Arbeitsvertrages muss man sehen, wo die Leistungspflichten der Vertragsparteien liegen. Bestes Beispiel: Ein Spieler führt einen Lebensstil, der seiner sportlichen Leistungsfähigkeit zuwiderläuft. Er bekommt also eine Abmahnung und Vertragsstrafen. Denn die Vereine verlangen zu Recht, dass der Spieler jederzeit auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit ist.

Was darf der Spieler wiederum vom Verein erwarten?
Der Verein muss alles geben, damit der Spieler seine spieltechnischen Fähigkeiten erhalten kann. Und das gewährt man mit einem qualifizierten Trainingsbetrieb. Das ist zwar aus der Distanz schwer einzuschätzen, aber rein vom Gefühl her sind die Trainingsbedingungen bei Hoffenheim gut organisiert.

Derdiyok Klage hat demzufolge also geringe Erfolgsaussichten?
Es gibt keinen klagbaren Anspruch eines Spielers auf Kaderzugehörigkeit oder gar Einsatzzeit. Unter der Prämisse eines sportlich qualifizierten Trainingsbetriebes, von dem ich im Falle Hoffenheims ausgehe, muss man sich fragen: Was hat das für einen Sinn?

Was vermuten Sie?
Da geht es sehr wahrscheinlich darum, das Gesicht zu wahren.

Das Original finden Sie hier:

http://www.11freunde.de/interview/sportrechtler-christof-wieschemann-ueber-eren-derdiyoks-klage

 

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