Erlaubtes und Verbotenes: Die FIFA-Markenrechte zur Fußball-WM 2006TM
Komm_id zur WM 2006.
Vortrag vor der IHK mittleres Ruhrgebiet zu Bochum aus Anlass des Kommunikationswettbewerbes Komm_id zur WM 2006
Ich darf zunächst mich vorstellen und damit zugleich zu erkennen geben, warum ich heute Abend hier stehe.
Ich bin seit 11 Jahren selbständiger Rechtsanwalt in Bochum und berate vornehmlich kleine und mittelständische Unternehmen in allen Fragen des Wirtschafts- und Zivilrechts.
Ich bin aber auch schwerpunktmäßig im Sportrecht und unter der Firmenbezeichnung „Ballkontakte“ im Sportmarketing tätig und habe in diesem Zusammenhang als Mitglied des Marketing Club Bochum im Juni bei einer Veranstaltung unter dem Titel „WM 2006 – nutzt Bochum seine Chancen“ über die rechtlichen Grenzen des Marketing im Zusammenhang mit diesem Ereignis einen Kurzvortrag gehalten. Das hat im Ergebnis dazu geführt, dass ich als Mitglied der Jury an der Auswahl der Kommunikationsideen für den heutigen Abend habe mitwirken dürfen.
Meine folgenden Ausführungen sind im Programm übertitelt mit
Erlaubtes und Verbotenes: Die FIFA-Markenrechte zur Fußball-WM 2006TM
Ich werde Ihnen eine konkrete Antwort möglicherweise nicht geben können. Ich will aber versuchen Ihnen die rechtlichen Erwägungen nahe zu bringen, von denen eine Zulässigkeitsbeurteilung abhängt, um sie in den Stand zu versetzen, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Ich sehe dieses Thema aber nicht isoliert als Einführung in rein rechtliche Prozesse sondern ganz bewusst in dem vom Marketing Club gewählten Kontext : Nutzt Bochum, oder wie ich hier sagen muß, das mittlere Ruhrgebiet seine Chancen, nutzen Sie Ihre Chancen?
Allein Ihre Anwesenheit hier heute Abend lässt mich ein gewisses Grundinteresse vermuten und deutet darauf hin, dass Sie sich mit dem Thema in Ihrem Unternehmen auseinandersetzen. Dass die Erwartung, die Vorfreude bei den Fußballanhängern natürlich hoch ist, können wir aus unserer jeweiligen Wahrnehmung einfach als gegeben hinnehmen. Ebenso hoch und möglicherweise als Reflex auf diesen Umstand erscheint mir aber der Handlungsdruck bei den Unternehmen zu sein, auf dieses Ereignis, die Erwartung und die positive Grundstimmung zu reagieren. Dabei sind aber die Vorstellungen wie dies geschehen kann relativ diffus.
Der Boden, auf den Ihre Bemühungen fallen können, erscheinen relativ fruchtbar. Nach einer Erhebung der TNS Sport aus dem Dezember des Vorjahres sind 72.2 % der Deutschen an der WM interessiert oder sogar sehr interessiert. Tendenz gegenüber den Vorjahren steigend.
Trotzdem lässt sich ein Kommunikationsberater der Grey-Werbeholding, einem Global Player unter den Agenturen, in einer Dezember Ausgabe 2004 des Handelsblattes mit den Worten vernehmen „Wir werden unter diesen Umständen jedem Kunden davon abraten, seine Kommunikation auf die WM abzustellen – es sei denn, er kann mindestens hundert Millionen Euro dafür in die Hand nehmen“
Dazu gehören die wenigsten.
Welche Umstände sind das, die Herr Hering, so hieß der Mann, im Interview meinte. Das ist primär aus seiner Sicht: Der Versuch der FIFA, die offiziellen Sponsoren der WM zu schützen – und alle weiteren auszugrenzen. Damit, sehr geehrte Damen und Herren sind wir beim eigentlichen Thema.
Die FIFA ist Veranstalterin des Sportereignisses, das sie ungefähr im Verhältnis 2:1 mit dem Verkauf der Sende- und der Werberechte finanziert. Um Ihnen eine Vorstellung zu geben: Wir verfügen in diesem Zusammenhang über Zahlen aus den vier Jahren zwischen 1999 und 2002. Innerhalb dieses Zeitraumes nahm die FIFA im Marketingbereich 522 MIO Euro ein und durch den Verkauf der Senderechte an der WM 2002 in Korea&Japan und dem Confedcup im Jahr zuvor 1.07 Milliarden Euro. Die Durchführung des Wettbewerbs selbst erforderte einen Aufwand von ca. 450 Mio Euro.
Das Konzept der Vermarktung ist auf den ersten Blick klar strukturiert. Die FIFA hat 16 offizielle Partner, denen sie weltweit und exklusiv das Recht einräumt, sich und Ihre Waren oder Dienstleistungen mit der FIFA WM 2006 in Verbindung zu bringen. Die Beiträge sind unterschiedlich. Mc Donalds musste aber allein für das Recht, die Balljungen über ihre Restaurants zu scouten noch einmal 12 Mio Euro über den Partnerbetrag hinaus zahlen. Die Telekom lässt sich ihr Engagement ca. 100 Mio Euro kosten, wobei sie dabei von vorneherein auch eine gesteigerte Motivation ihrer Mitarbeiter im Blick hatte, also eine Wirkung, die nicht nur nach außen gerichtet ist.
Im Zusammenhang mit den nationalen Förderern konnte am Ende das nationale OK noch eine Peinlichkeit verhindern. Es fehlte lange der von der FIFA verlangte sechste Förderer, der am Ende mit dem –ich darf sagen- staatsnahen Unternehmen Oddset gefunden wurde. Die haben lediglich 13.9 Mio Euro zahlen müssen, während das Engagement die Postbank ca. 20 Mio Euro kostet, dafür sucht man aber auf den offiziellen Seiten der FIFA zur WM das Oddsetlogo auch vergeblich. Die tauchen schlichtweg nicht auf, was ich schon eher peinlich finde. Die Bahn erbringt Ihren Beitrag in erster Linie über Sachleistungen.
Ich bitte zu bedenken, dass in den vorstehenden Beträgen die Kosten der Karten und Logen etc. für die Spiele – noch nicht enthalten sind.
Die Fifa hat sich auch nicht immer die erforderliche Mühe gegeben die einzelnen Rechte voneinander abzugrenzen, so dass es zwischen den einzelnen Förderern zu Überschneidungen und Streitigkeiten kommt.
Die FIFA ist natürlich bemüht, Ihre Rechte und die Rechte ihrer Lizenznehmer zu schützen. Das ist legitim.
Deshalb hat die Fifa ein umfangreiches Rechteschutzprogramm ins Leben gerufen, das die Wahrung der Rechte und der Exklusivität der offiziellen Partner sicherstellt. So hat sie vor dem letzten Wettbewerb in Japan/Korea etwa 14 Millionen Schweizer Franken in den Schutz der Exklusivrechte investiert und fast 800 Anträge auf Registrierung der Warenzeichen für das offizielle Emblem der Fifa-Weltmeisterschaft gestellt. Mit ähnlichen finanziellen Mitteln wehrt sie sich auch dieses Mal gegen unautorisierte Werbung.
Dazu gehört auch ein 10 seitiges Merkblatt mit Richtlinien für die Verwendung der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2006 Marken durch die Presse mit einem umfangreichen Anhang mit Beispielen, was die FIFA allein im Zusammenhang mit dem redaktionellen Gebrauch der Begriffe für widerrechtlich hält.
Schon jetzt registriert die Fifa wesentlich mehr Fälle von „Ambush Marketing” als noch vor vier Jahren, gab der Geschäftsführer der Fifa Marketing & TV Deutschland GmbH in der FAZ vom 3.12. an. Während man damals gegen insgesamt 1900 Fälle in 88 Ländern vorgegangen sei, summierten sie sich bereits jetzt – rund ein halbes Jahr vor Beginn der WM – auf 1000 Fälle in 50 Ländern. Die FIFA hat auch jetzt angekündigt, allein in jeder Ausrichtungsstadt mit mindestens jeweils fünfzehn Personen präsent zu sein, die nichts anderes tun werden, als die Beachtung des Markenschutzes zu überprüfen. Auch sämtliche anderen Mitarbeiter und Offizielle sind natürlich angehalten, darauf ein Auge zu haben.
Spezialgesetzlich stehen der FIFA dabei keine besonderen Vorschriften zur Seite, anderes als beispielweise bei der Olympiade. Dort gibt es ein Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnung.
Die FIFA ist stattdessen auf allgemeine Gesetze verwiesen, die ihnen wahrscheinlich auch aus ihrer täglichen Praxis bekannt sind. Es sind dies natürlich in erster Linie das Namensrecht, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG und das Gesetze zum Schutz von Kennzeichen und Marken in Wort und Bild, Markengesetz.
Mögliche Verstöße gegen das UWG und das Namensrecht sind naheliegend und selbsterklärend. Im wesentlichen Rufausbeutung und Irreführung.
Ich will sie an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, weil die hier drohende Kollision bereits im Vorfeld auf der Hand liegt.
Es gibt in diesem Zusammenhang eine Entscheidung die wegen der damit verbundenen irreführenden Aussage die Formulierung „die offizielle Telefonkarte zur Fußball WM 1994“ für unzulässig erklärt hatte, weil die Telefonkarte weder durch den DFB noch durch die FIFA autorisiert war. In die gleiche Richtung geht eine Entscheidung des OLG Hamburg über die Formulierung „der DFB empfiehlt X sowie X. Offizieller Lizenznehmer des DFB. Auch hierin lag eine Irreführung nach § 3 UWG. Aus sachlichen, wie auch rechtlichen Gründen ist es also kaum empfehlenswert, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, Ihr Unternehmen gehöre zu den offiziellen Förderern oder sei von der FIFA lizenziert.
Wir wollen uns aber hier befassen mit dem Markenrechtlichen Schutz einiger Begriffe.
Das Markengesetz schützt unterschiedliche Bezeichnungen.
§ 1 des Markengesetzes lautet:
Nach diesem Gesetz werden geschützt:
1. Marken,
2. geschäftliche Bezeichnungen,
3. geographische Herkunftsangaben.
Im Zusammenhang mit der „geschäftlichen Bezeichnung“ nach Nr. 2 ist interessant eine Entscheidung des Hanseatischen OLG aus dem Februar.
Ein Unternehmen hatte beim Deutschen Patent und Markenamt DPMA in München für Dienstleistungen, Werbung etc. die Marke WM 2006 eintragen lassen. Die FIFA betrieb jetzt nicht etwa das Löschungsverfahren gegen die eingetragene Marke, sondern wollte dem Unternehmen im Wege der einstweiligen Verfügung die Benutzung dieser Marke verwehren. Dabei stützte sie sich auch nicht auf eine zu ihren Gunsten eingetragene Marke, sondern begehrte Kennzeichenschutz, weil sie meinte, dass die angesprochenen Verbraucherkreise die Bezeichnung „WM 2006“ automatisch mit der von ihr veranstalteten „FIFA Fußballweltmeisterschaft Deutschland 2006“ gleichsetzen.
Sie stützte sich dabei auf eine von ihr im Herbst 2003 durchgeführte Meinungsumfrage, nach der 69 % aller Befragten und 99 % der Fußballinteressierten die Bezeichnung als solche kennen. 67 % aller Befragten und 96 % der Fußballinteressierten verbinden mit dieser Bezeichnung die Durchführung einer Fußballweltmeisterschaft und immerhin 58 % aller Befragten und 92 % der Fußballinteressierten verbinden dieses Ereignis mit der FIFA. Mit dieser Umfrage hat die FIFA zur Überzeugung des Gerichtes bewiesen, dass sie mit dieser Bezeichnung kraft Verkehrsdurchsetzung Kennzeichenschutz erlangt hat.
Das Ergebnis interessiert genauso, wie die Begründung: In den Gründen ist wörtlich zu lesen: „Das Ereignis Fußballweltmeisterschaft 2006 beschränkt sich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit keineswegs darauf, dass einige Teams junger Männer unter sich ausspielen welche Mannschaft den Weltpokal gewinnt. Es ist im Bewusstsein Fußball spielender Völker eine Veranstaltung von eminenter Bedeutung – was sich unter anderem etwa darin zeigt, dass auch der Bundeskanzler mit nach Genf gefahren war um die deutsche Bewerbung für das Team zu unterstützen und die man schließlich in ihrer Bedeutsamkeit für die teilnehmenden Nationen an der Begeisterung der Griechen bei Gewinn der Europameisterschaft ablesen kann. Die Fußballweltmeister 2006 wird von der FIFA mit einer eigens dafür geschaffenen Organisationskommission durchgeführt. Aus Sicht des Publikums ist die Veranstaltung also ein organisatorisch abgegrenzter und integrativer Teil des Unternehmens der FIFA.
Die Entscheidungen zu einem Schutz eingetragener Marken weisen aber einen anderen Weg:
Die FIFA hat sich unter anderem schützen lassen
selbstverständlich auch die vollständige Bezeichnung
FIFA Fußballweltmeisterschaft Deutschland 2006TM
wie auch FIFA WM 2006 TM,
WM 2006 TM,
Weltcup 2006 TM.
Die geschützten Bereiche umfassen alle denkbaren Warengruppen und Dienstleistungen :Fernliegendere wie Torf als Dünger, aber auch als Brennstoff, Fungizide Herbizide, Trinkwasserbrunnen, Spielscheiben (sogenannte Pogs), , und Pailletten für Kleider, aber auch naheliegende wie belichtete bzw. bespielte Ton- und Bildträger aller Art, Bildschirmschoner, Bälle, Sport- und Fanartikel etc.
Ich gehe davon aus, dass sie eine grundsätzliche Vorstellung davon haben, was im Zusammenhang mit geschützten Marken erlaubt ist. Die nicht autorisierte Nutzung von Marken führt zu weit reichenden Unterlassungs-, Schadensersatz und Auskunftspflichten.
Bei der rechtlichen Beurteilung des Markenschutzes will ich beginnen mit einer Entscheidung wiederum des hanseatischen OLG aus dem März 2004.
Dem lag zugrunde, dass ein Unternehmen zur WM 2006 Gedenkmünzen anbot, die selbst aber weder den entsprechenden Aufdruck boten, noch von der FIFA lizenziert waren. Die FIFA ging hier gem. §§ 4. 14, MarkenG aus den für sie eingetragenen Marken „Fußball WM 2006 TM“ und „Fußball WM 2006 Deutschland TM“ sowie „World Cup Germany 2006 TM“ vor. Dagegen hat sich das Unternehmen mit dem Hinweis zu verteidigen versucht, dass sie den Begriff, die Marke „WM 2006“ nicht „markenmäßig“ als Herkunftsnachweis verwenden würde, sondern zulässigerweise nur beschreibend, als Hinweis darauf, dass sein Produkt nur aus Anlass des Ereignisses herausgebracht werde. Diese Argumentation wird uns hier mit unterschiedlicher Zielsetzung häufig begegnen.
Eine solche beschreibende Verwendung hat das Gericht auch für den Begriff „WM 2006“ als zulässig erachtet.
Die FIFA selbst hatte hier darauf hingewiesen, dass der Verkehr – so wörtlich -seid eh und je Fußballweltmeisterschaften bzw. Fußballeuropameisterschaften mit der betreffenden Sportart „Fußball“ und der Jahreszahl der Austragung „1954“ sowie der ausgeschriebenen und abgekürzten Form der Weltmeisterschaft „WM“ bezeichnet. In dieser Weise werden die sportlichen Ereignisse in Fernsehen und Zeitungen, Zeitschriften, Gesprächen usw. allgemein benannt.
Bei dieser Formulierung ging und geht es dem Verkehr in der Vergangenheit nicht in erster Linie um eine Herstellerzuordnung zu dem Veranstalter des Sportereignisses, sondern um eine zulässige Beschreibung des sportlichen Ereignisses als solches. Auf Grund dieses üblichen Sprachgebrauches ist es nach Auffassung des Gerichtes in dem betreffenden Fall allgemein anerkannt, das sich die FIFA nicht auf den Schutz eingetragener Marken berufen kann, wenn diese nicht als Herkunftsnachweis, daher als eine falsche Verbindung auf die FIFA selbst oder auf eine Lizenzierung bezieht, sondern lediglich bei der Bewerbung und Verbreitung von Produkten auf den Anlass hinweist.
Vor einem allzu unbefangenem Umgang mit dieser Freizeichnung darf ich allerdings warnen: In der gleichen Entscheidung hat das OLG die Werbung für die Herausgabe der Gedenkmünze trotzdem untersagt, weil die hier streitige Formulierung „WM Germany 2006“ zwar auf der Gedenkmünze selbst nicht in Erscheinung trat sondern nur in der Werbung auftauchte. Hier lag das Bemühen um eine reine Anlassbeschreibung nahe. Allerdings hatte das Unternehmen bei der Bewerbung des Produktes die Bezeichnung WM 2006 Germany durch Anführungsstriche kenntlich gemacht, wodurch nach Auffassung des Gerichtes üblicherweise lediglich Namen gekennzeichnet werden. Dies rückte die vom Ansatz her wohl kaum zu beanstanden Werbung in den Bereich einer Herkunftsbezeichnung.
Ich darf die Bedeutung der Entscheidung nochmals erklären. Das Gericht geht grundsätzlich von einem bestehenden Markenschutz aus, ist aber der Auffassung, dass eine rein beschreibende Verwendung des geschützten Begriffes die Marke nicht verletzt.
Die nächsten Entscheidungen greifen jetzt das eigentliche, zentrale Problem auf: Kann ich markenrechtlichen Schutz für eine sprachliche Formulierung beanspruchen, ohne deren Verwendung ein Hinweis oder eine Beschreibung einer Veranstaltung, von nicht nur wirtschaftlicher oder sportlicher Bedeutung, schlechterdings nicht erfolgen kann.
Genau diesen Punkt hat die Firma Ferrero aufgegriffen. Seit 1982 wirbt Ferrero vornehmlich für ihre Produkte Hanuta und Duplo bei Fußballweltmeisterschaften mit Sammelbildern, wodurch sich das Unternehmen jetzt durch die Marken „Fußball WM 2006 TM“ und „WM 2006 TM“ gehindert sah. Ferrero beantragte beim DPMA die Löschung der eingetragenen Marken. Gegen die daraufhin tatsächlich verfügte Löschung klagte die FIFA vor dem Bundespatentgericht, das am 3.8.2005 entschied.
Ferrero führte unter anderem an, dass es den Bezeichnungen „Fussball WM 2006“ und insbesondere „WM 2006“ an jeglicher Unterscheidungskraft gem § 8 Abs. II Nr. 1 MarkenG fehlen würde. Das Erfordernis, Waren und Dienstleistungen nach ihrer Herkunft unterscheiden zu können, das ist das, was Kennzeichen ausmacht, müsse auch für Eventmarken gelten. Demgegenüber würde der Verbraucher den streitigen Bezeichnungen aber nur den Hinweis auf eine im Jahr 2006 stattfindende Weltmeisterschaft in der Sportart Fussball entnehmen, ohne Veranstalterzuordnung.
Außerdem bestünde ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. II Nr. 2, weil die Begriffe zur Bezeichnung der Art, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung oder des Vertriebes von Waren und Dienstleistungen dienen können.
Sprachlich kommen hier unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe zum Ausdruck. Bei Nr. 1 reicht ein Minimum an feststellbarer Unterscheidungskraft, um den Markenschutz zu erlangen, bei Nr. 2 reicht schon die entfernte Eignung zur allgemeinen Beschreibung, um den Markenschutz zu Fall zu bringen.
Die FIFA trat dem natürlich entgegen und führte weiter aus, ein Freihaltungsbedürfnis bestehe schon deswegen nicht, weil sie eine faktische Monopolstellung habe.
Das Gericht hat zunächst nicht mit der für eine Löschung erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass es den angegriffenen Marken an jeglicher Unterscheidungskraft fehlt. Handelt es sich nicht nur um einen gebräuchlichen Begriff, den die Verbraucher stets nur als solchen und nicht auch als Unterscheidungsmittel verwenden, fehlt es zumindest nicht an jeder Unterscheidungskraft. Schon die Bekanntheit der FIFA Fußballweltmeisterschaft wird einem beachtlichen Teil des Publikums Anlass geben, mit der Ware bezeichnete Waren und Dienstleistungen dem Veranstalter – wer immer das auch ist, zuzuordnen. Das half Ferrero also nicht weiter.
Anders aber bei dem Freihaltungsbedürfnis:
Die Feststellung des Gerichtes
1. Rechtlich begründete oder faktische Monopolstellungen sind bei der Frage nach dem Freihaltungsbedürfnis nicht zu berücksichtigen.
2. WM als Abkürzung für Weltmeisterschaft ist eine im Sport übliche Bezeichnung für einen internationalen Wettbewerb.
Fussball beschreibt die Sportart, in der sich die Teilnehmer messen und nicht nur das runde Spielgerät.
2006 kann diese generelle Aussage nicht einschränken. Die Jahreszahl beschreibt bei wiederkehrenden Ereignissen das Jahr der Durchführung.
Fußball WM 2006 beschreibt damit insgesamt einen internationalen Fußballwettkampf im Jahr 2006. Sie erinnern sich, das entspricht auch den Ausführungen der FIFA selbst zu den Sprachgewohnheiten im ersten Fall des OLG Hamburg.
Dritten muss es unbenommen bleiben, frei von Monopolrechten mit der Bezeichnung darauf hinzuweisen, dass sich ihre Angebote auf eine Fußballweltmeisterschaft beziehen, dabei zum Einsatz kommen oder sich bei solchen bewährt haben.
Das Gericht untersucht dann Waren- und Dienstleistungsklasse für Klasse, ob sich diese auf Waren und Leistungen beziehen, die typischerweise bei solchen Veranstaltungen zum Einsatz kommen, ohne die ein solches Ereignis nicht denkbar ist. Umgekehrt muss es dann auch den Anbietern gestattet sein, unter Hinweis auf die Ereignisbezeichnung auf sich aufmerksam zu machen.
Das sind nach Auffassung des Gerichtes üblicherweise mit der Durchführung einer solchen Veranstaltung verbundenen Dienstleistungen, wie Reisedienste, Beförderungsleistungen, Bewirtung und Unterhaltung von Gästen etc., Bälle, Fußballausrüstungen, Fähnchen und Wimpel, Straßenkarten, Schecks sowie Fahrpläne, die extra für solche Veranstaltungen gestaltet werden, Andenken und Spielscheiben nämlich Pogs.
Für alle Waren aber, die nicht zwingend benötigt werden, oder die nicht typischerweise mit dem Hinweis auf das Ereignis selbst beschrieben werden, besteht kein Freihaltungsbedürfnis und damit kein Löschungsgrund. Dies sind zum Beispiel Geräte der Unterhaltungselektronik, die zwar als technisches Übertragungsmedium erforderlich sind und regelmäßig im zeitlichen Zusammenhang mit solchen Ereignissen verstärkt beworben werden. Der inhaltliche Hinweis auf das zu übertragende Ereignis ist aber nicht erforderlich, um die Geräte selbst zu beschreiben.
Ich halte die Entscheidung aus einem gesellschaftlichen Aspekt heraus für beachtlich.
Das enorme wirtschaftliche Vermarktungspotential der WM erklärt sich natürlich nur aus dem Umstand heraus, dass sie während der Dauer der Veranstaltung nahezu das gesamte öffentliche Leben, nicht nur im Ausrichterland, aber da ganz besonders, durchdringt. Die weltweite mediale Präsenz ist mit Ausnahme der Olympiade unvergleichlich. Diese Durchdringung könnte selbst eine Organisation wie die FIFA allein durch lizenzierte und von ihr gesteuerte Unternehmen nicht erreichen. Zum Gelingen ist damit der Beitrag anderer Anbieter erforderlich, derer sich die FIFA nahezu zwingend bedienen muss. Transportlogistik, Reiseinformationen und was weiß ich nicht sind erforderlich, um nicht den Besuch des Landes und der Veranstaltung als frustranes Erlebnis in Erinnerung zu behalten.
Dass das Gericht entgegen der Auffassung der FIFA diese Anbieter jetzt eben nicht von der Verwendung der Bezeichnungen ausschließen will, die in der deutschen Sprache bei der Bezeichnung des Ereignisses eigentlich nicht zu vermeiden sind, offenbart ein zutiefst demokratisches oder – sozialpflichtiges Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen. Ich halte dies für richtig und für wichtig.
Die FIFA hat gegen die Entscheidung, soweit sie zur Löschung der Marken in einigen Klassen führt, mit Rechtsmittel angegriffen, über das der Bundesgerichtshof entscheiden wird.
Ich darf bemerken, das ein identisches Verfahren mit gleichen Parteien vor dem Harmonisierungssamt für den Binnenmarkt HABM, oder nach der spanischen und italienischen Bezeichnung OAMI, am 8.11.2005 mit einer Niederlage für Ferrero endete. Das Amt, dass für die Kontrolle europäischer Marken zuständig ist, sah ein Freihaltungsbedürfnis nicht. Dagegen hat wiederum Ferrero Beschwerde zum europäischen Gerichtshof erhoben.
Witzig ist an diesem Umstand, dass sich in beiden Entscheidungen, des Bundespatentgerichtes und der Beschwerdekammer des HABM, ausdrückliche Hinweise finden, dass die Entscheidung des jeweils anderen Gerichts ohnehin keine Bedeutung habe. Da streiten ganz offenkundig ein nationales und ein europäisches Gericht um die Meinungshoheit.
Was bedeutet das für Sie.
Eine Antwort mit dem Anspruch, dass diese auch in der Zukunft verbindlich sein wird auf die durch den Titel des Vortrages gestellte Frage „Was ist erlaubt und was nicht“ muß ich Ihnen schuldig bleiben.
Die FIFA hat gegenwärtig die Möglichkeit, sowohl aus den beim HABM eingetragenen europäischen Marken, wie auch bei den beim DPMA eingetragenen deutschen Marken vorzugehen. Sie erinnern sich, auch im Rechtsstreit hier in Deutschland geht es um die Rechtmäßigkeit der Löschungsverfügung. Solange diese Frage nicht geklärt ist, bleiben die Marken mit allen Konsequenzen eingetragen.
Wenn die FIFA sich jetzt allerdings auf diesen Markenschutz beruft, riskiert sie sich auch für zurückliegende Fälle ab dem Zeitpunkt der Einreichung der Ferreroklage schadenersatzpflichtig zu machen, wenn der Bundesgerichtshof die verfügte Löschung bestätigt. Damit wäre rückwirkend ein Markenschutz in Deutschland – auch nicht aufgrund der europäischen Marke – nicht mehr durchsetzbar.
Es spricht einiges dafür, dass der BGH die Entscheidung des Bundespatentgerichtes zumindest vom Grundsatz her bestätigen wird. Wir haben gesehen, dass die Entscheidung durchaus eine gewisse Logik und auch Tradition hat.
Allerdings darf man nicht vergessen, dass das Bundespatentgericht bei der Beurteilung der Waren und Dienstleistungen, die für die Durchführung eines solchen Events typisch sind, nicht ohne Widersprüche geblieben ist. Nicht nachvollziehbar ist vermutlich für die Meisten die Unterscheidung, dass „WM 2006“ zwar für Fußballausrüstung, nicht aber für Sporttaschen genutzt werden darf.
Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit wird verbleiben und vermutlich auch über das Ereignis hinaus. Eigentlich keiner rechnet mit einer Entscheidung des BGH vor der WM.
Ich komme damit langsam zum Ende meiner Ausführungen, aber kehre auch gleichzeitig zu meinem Ausgangspunkt zurück:
Den Chancen, die die WM bietet.
Wir hatten erst einmal eine WM im eigenen Land. 1974. Aber wenn ich selber über das Thema nachdenke, sehe ich für mich eher eine logische Reihe 1954, 1974 und 2006. Dabei kann ich noch nicht einmal erklären, warum in der Bedeutung für mich der Gewinn der WM 1990 so deutlich zurückfällt.
1954 war ich noch nicht geboren und kann aus eigenem Erleben nicht beurteilen, ob der Gewinn der WM in Bern für das Bewusstsein des Nachkriegsdeutschland wirklich das Erweckungserlebnis war, als dass es uns heute aus der Retrospektive erscheint.
1974 war ich zwölf. Ich kann mich auch da zwar noch an die Wasserschlacht von Frankfurt erinnern, die Niederlage gegen die DDR, genauso wie an die fortan spitznamenprägende Schwalbe von Hölzenbein im Finale und diese unmögliche Körperdrehung die dem 2:1 durch „kleines dickes Müller“ vorausging.
Ich habe aber auch hier keine Vorstellung, wie dies, der Gewinn der WM im eigene Lande, auf die Stimmung der Bevölkerung in Deutschland wirkte, die sich ein Jahr nach Beginn der Ölkrise im Ölpreisschock am eigentlichen Endpunkt des Wirtschaftswunders befand.
Ich glaube aber unabhängig von deren Ausgang an die positive Wirkung der WM in Deutschland im nächsten Jahr.
Wir haben nicht wegzudiskutierende Probleme in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Politik, deren Bedeutung ich nicht bagatellisieren will und deren Lösung noch viel Aufwand erfordern wird.
Wir haben aber auch ein die ganze Gesellschaft umfassendes und erdrückendes Stimmungsproblem, das Konsum genauso wie Investition hemmt, weil der Glaube an die Zukunft und die eigene Fähigkeit zur Zukunftsgestaltung verloren gegangen ist.
Gegen diese Stimmung wird die WM helfen und da liegt für alle Unternehmen die Chance.
Unabhängig von den Millionen Besuchern aus anderen Nationen werden wesentliche Teile der Bevölkerung mobil sein, Veranstaltungen besuchen,
ihr Freizeitverhalten anpassen
und nachhaltig positive Gemeinschaftserlebnisse haben. Das wird auch die Wahrnehmung der eigenen Stadt und der Region beeinflussen.
Sie werden dabei auch sicher etwas tun, wobei sie sich oft einkommensunabhängig gegenwärtig schwer tun, nämlich ohne schlechtes Gewissen konsumieren.
Wenn Sie diese positive Grundstimmung für sich nutzen, dann liegt in dem Ereignis auch eine Chance für Ihre Unternehmen.
Es gibt in diesem Kreis, der Jury, wie auch unter Ihnen gewiss andere, die eher dazu berufen sind, solche Empfehlung auszusprechen.
Mit wenigen Ausnahmen – die Sammelbildergeschichte gehört gewiss dazu- ist für die meisten Marktteilnehmer die Diskussion über die Verwendung der Begriffe für die Werbung nicht relevant. Ich möchte davor warnen, eine Produkt- oder Dienstleistungsaffinität gegenüber der WM als Triebfeder des Stimmungsumschwungs herstellen zu wollen, wo tatsächlich eine Affinität nicht besteht. Das wäre unglaubwürdig und damit kontraproduktiv.
Sie müssen die WM selbst nicht unbedingt als Inhalt einer Strategie wählen, damit Sie in dieser Zeit wahrgenommen werden.
Abgesehen davon, dass es kaum als kreativ gelten kann, einfach sprachlich auf den Zug aufzuspringen, erzeugen sie wahrscheinlich hinter den großen Förderern auch kaum Aufmerksamkeit. Es gibt viele andere Möglichkeiten, visuelle, wie auch sprachliche Bilder, um den Transfer herzustellen.
Damit sind Sie auch in jedem Fall sicher vor den Verfolgungen der FIFA.
Ich bin mir aber sicher, dass die Menschen in dieser Zeit aufnahmebereiter für jede gut gemachte Form des Marketing, der Kommunikation und der Werbung sind,
auch natürlich für die ganz unterschiedlichen Konzepte, die wir in der Jury für die Vorstellung heute Abend ausgewählt haben.
Damit wünschen ich Ihnen viel Spaß und interessante Anregungen, vielleicht sogar mit einer der Ideen viel Erfolg im nächsten Jahr.
Vielen Dank.