Rechtsanwalt Wieschemann gab RevierSport ein Interview, wann schwerwiegende Fouls im Amateurbereicht zu zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen führen könnten.
Das Interview vom 11.12.2007:
Es gibt Chancen für die Hobby-Kicker und auch andere Amateursportler nach brutalen Fouls auf dem Spielfeld entschädigt zu werden, denn anders als die Profis verdienen die Akteure ihre Brötchen nicht mit ihrer Sportart, sondern in der Woche nach dem Spieltag. Schwere Verletzungen werden dabei vom Arbeitgeber gar nicht gerne gesehen.
Doch es gibt Möglichkeiten, für Ausfallzeiten oder schwere körperliche Verletzungen vom Verursacher entschädigt zu werden. RevierSport online sprach über das Thema mit dem Experten Christof Wieschemann, der sich als Rechtsanwalt unter anderem auf Sportrecht spezialisiert hat und dabei als Mitglied der ISLA (International Sports Lawyer Association) am deutschen Sportgericht tätig ist.
Zur Person
Christof Wieschmann:
Jahrgang 1962
Studium der Rechtswissenschaften in Bochum
Selbständiger Rechtsanwalt seit 1994
Anfang 2000 dem Arbeitskreis Sportrecht im DAV beigetreten
Mitglied der ISLA (International Sports Lawyer Association)
Befasst sich unter anderem mit der Beratung von Profifußballern
RevierSport online: Sie sind als Fachmann häufig mit sportrechtlichen Themen konfrontiert. Haben Sie festgestellt, dass zivilrechtliche Strafen im Amateurbereich zugenommen haben?
Christof Wieschemann: „Es gibt schon häufiger Fälle, in denen nach Ligaspielen im unterklassigen Fußball, aber auch ab und zu in anderen Sportarten geklagt wird. Zumeist nach schwerwiegenden Verletzungen, hervorgerufen durch Fouls oder Schlägereien. Ob sich die Zahl der Anzeigen jedoch gravierend erhöht hat, kann man so pauschal nicht sagen.“
RevierSport online: Wann genau haben Kläger Chancen, ein Schmerzensgeld für ihre erlittenen Verletzungen zu erhalten?
Christof Wieschemann: „Es gibt bestimmte Anhaltspunkte, die eine zivilrechtliche Strafe gegen eine beschuldigte Person möglich machen. Das Vergehen muss vorsätzlich geschehen oder grob fahrlässig. In einem Fußballspiel muss also der Angriff klar dem Gegner gelten, ohne das Ziel, den Ball zu spielen. Eine Aktion also bewusst über den sportlichen Bereich hinaus. Dann ist eine Bestrafung über die der Spruchkammer möglich.“
RevierSport online: Eine körperliche Schädigung nach einem normalen Foul innerhalb eines Zweikampfes um den Ball kann also nicht ohne weiteres zur Anzeige gebracht werden?
Christof Wieschemann: „Nein, zumindest nicht mit Erfolg. Beim Sport ist man bis zu einem bestimmten Grad selbst gefährdet. Fußball zählt dabei zum Bereich der „Kampfsportarten“, bei dem Körperkontakt und mögliche Verletzungen daraus nicht ausgeschlossen sind. Gilt ein Angriff, der zu einer Schädigung führt, klar dem Ball, ist zivilrechtlich fast nichts zu machen. Auch wenn nicht immer ganz einfach zu entscheiden ist, wann ein Angriff dem Gegenspieler und wann dem Ball gilt.“
RevierSport online: Gibt es noch Unterschiede in der Rechtslage bei Erwachsenen und Kindern?
Christof Wieschemann: „Ja, da Jugendliche nur bis zu einem beschränkten Umfang deliktfähig sind, es sei denn, sie sind sich dem Unrecht ihrer Tat vollends bewusst. Insgesamt gilt, dass Kinder und Jugendliche während der Partie weniger in der Lage sind als Erwachsene, mögliche Risiken abzuschätzen. Dabei gibt es noch Abstufungen innerhalb der Altersstruktur. So sind Kinder bis zur F-Jugend überhaupt nicht verantwortlich zu machen, Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr hingegen nur, wenn sie über eine klare Einsicht der Situation verfügen.“
RevierSport online: Ein Beispiel dafür?
Christof Wieschemann: „Nehmen wir als Beispiel ein Spiel auf einem nassen, rutschigen Untergrund. Ein Erwachsenen muss sich möglicher Folgen einer Grätsche von hinten bewusst sein, bei einem Jugendlichen ist über diese Einsicht oder das Bewusstsein für die Situation individuell und personenabhängig zu entscheiden.“
RevierSport online: Gibt es genaue Beträge, die für bestimmte Verletzungen angesetzt sind?
Christof Wieschemann: „Nein. Eine generelle Festlegung wie beispielsweise im Bereich der Unfallversicherung gibt es nicht. Es kann also nicht gesagt werden, für einen Kreuzbandriss oder einen Beinbruch ist immer eine bestimmte Schmerzensgeldhöhe vorgesehen.“
RevierSport online: Wonach wird die Höhe des Schmerzensgeldes dann sonst berechnet?
Christof Wieschemann: „Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Die Höhe der Entschädigung ist abhängig vom Heilungsverlauf, den Rehabilitationskosten, aber auch dem Verschulden an sich. Dabei muss unterschieden werden, ob das Vergehen grob fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde. Desweiteren sind auch solche Dinge wie ein Krankenhausaufenthalt oder sogar eine mögliche Sportinvalidität zu berücksichtigen.“
Fabian Weitkämper
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