Rechtsanwalt und Sportrechtler Christof Wieschemann nahm am 17.10.2016 beim Symposium am Juridicum Wien als Referent teil.
„Aktuelle Rechtsfragen des Berufssports XV“
Der Fall SV Wilhelmshaven – Wann supendiert die FIFA den DFB?
Der Fall des SV Wilhelmshaven gegen den Norddeutschen Fußballverband NFV vor dem BGH ( BGH II ZR 25/15 vom 20.9.2016) hat in der Öffentlichkeit gerade im Vergleich zum Fall Pechstein relativ wenig Aufmerksamkeit erfahren. Dabei sind die Folgen für die Schiedsgerichtsbarkeit, in erster Linie aber für den Fußballsport in Deutschland erheblich.
Nach der Entscheidung des BGH, deren Gründe noch nicht veröffentlicht sind, können gegenwärtig die Entscheidungen der FIFA und des Court of Arbitration for Sport CAS im System der FIFA nicht mehr vollzogen werden, weil es dafür an einer satzungsrechtlichen Grundlage beim DFB und seinen angeschlossenen Landesverbänden fehlt. Die Bedeutung geht also weit über über den Norddeutschen Fußball hinaus.
Die FIFA verpflichtet ihre Mitglieder im FIFA Statut und der Disziplinar Code nicht nur zur Beachtung der Entscheidungen der eigenen Rechtsorgane und des CAS und verpflichtet die Verbände in Art. 60 FIFA Statut, Art. 64 DC eine Nichtbeachtung zu sanktionieren, zum Beispiel durch Punktabzug Zwangsabstieg, sondern macht dies Verpflichtung in Art. 14 ff., 60 FIFA Statut sogar zur Voraussetzung der Mitgliedschaft eines Nationalverbandes in der FIFA. Damit will die FIFA, was im Kern berechtigt und notwendig ist, weltweit einheitliche Regelanwendung unter Ausschluss jeweils eigener nationaler Rechtsordnungen sicher stellen.
Auch der Österreichische Fußballverband ÖFB sah sich 2012 dem Problem ausgesetzt dem Grazer AK 6 Punkte im Wettbewerb abziehen zu müssen. das Problem erledigte sich durch dessen Insolvenz. Wiederholt hat die FIFA in den letzten Jahren Nationalverbände, zum Beispiel Indonesien und Nigeria (mehrfach) vorläufig von der Mitgliedschaft und damit auch von der Teilnahme an internationeln Wettbewerben suspendiert, weil die Verbände entweder in Rechtsstreitigkeiten vor staatlichen Gerichten befangen waren oder Anweisungen zur Vollziehung von Entscheidungen der FIFA Rechtsorgane nicht befolgten. Genau dies ist auch dem DFB nach der Entscheidung des BGH II ZR 25/15 vom 20.9.2016 nicht nur vorübergehend nicht mehr möglich.
Die vom BGH und auch bereits vorher vom OLG Bremen ( 2 U 67/14) aufgezeigten Mängel im Regelwerk des DFB sind so schwerwiegend, dass sie nicht kurzfristig werden beseitigt werden können. Die ist umso erstaunlicher, als dass der wesentliche Mangel, nämlich die Unwirksamkeit dynamischer Verweisungen in Satzungen, im Vereinsrecht ein alter Hut ist. Das hatte der BGH schon 1995 entschieden, was den DFB aber nicht veranlasste sein Regelwerk zu ändern. Auch dass es in der Satzung des NFV einige für die Entscheidung wesentliche Redaktionsfehler gibt, die Entscheidungen der Verbandsgerichte keine Rechtsmittelbelehrung hatten und die Verbandsgerichte nicht paritätisch besetzt und deswegen keine echten Schiedsgerichte sind, ist für den Fußball eher peinlich.
Ob das tatsächlich den Ausschluss des DFB zur Folge haben wird, ist wegen seiner Bedeutung vielleicht unwahrscheinlich, wäre aber eigentlich die notwendige Konsequenz aus der Verletzung der FIFA Statuten.
Die Präsentation des Vortrags finden Sie hier:
bgh-sv-wilhelmshaven-schiedsgerichtsbarkeit-auf-dem-pruefstand
Das Symposium zu aktuellen Rechtsfragen des Berufssports befasst sich mit Problemen der Sportförderung, der Sportschiedsgerichtsbarkeit (Causen Pechstein, Taboga & SV Wilhelmshaven), einseitigen Optionsrechten (Causa Onisowo) sowie aktueller sportrechtlicher Judikatur.
Das Programm der Tagung finden Sie hier:
http://zandlgrundei.at/images/symposium/Programm_Symposium_2016.pdf