Einstweilige Verfügung durch Andre Mijatovic gegen Greuther Fürth

Der Streit vor dem Arbeitsgericht Nürnberg zwischen André Mijatovic und Greuther Fürth:

Die Wirksamkeit einer einseitigen Verlängerungsoption und der Erlaß einereinstweiligen Verfügung
Die Meldung in der Presse: Große Teile des Vereins trauern noch, Innenverteidiger André Mijatovic indes treibt der Nicht-Aufstieg vor Gericht.

Der Grund: Der von Köln und Bielefeld umworbene 27-Jährige möchte nun unbedingt weg und klagt dagegen, dass die Franken per einseitiger Option seinen auslaufenden Vertrag bis 2008 verlängerten. Dies würde aber laut Frank Rybak, dem Anwalt des Kroaten, geltendem Recht widersprechen. Am 31.Mai beschäftigt sich das Arbeitsgericht Nürnberg damit. Sollte der Kroate gegen die von Horst Kletke vertretene SpVgg gewinnen, wäre dies ein Präzedenzfall im bezahlten Fußball. Denn dort sind einseitige Optionen Usus. Noch. (Kicker.de vom 18.5.2007)

Der Hintergrund: Der Fall hat Bedeutung weit über den Einzelfall hinaus. Er kennzeichnet den Umstand, dass Fußballspieler den gleichen rechtlichen Prinzipien unterworfen sind wie normale Arbeitnehmer. Dies verkennen mit wenigen Ausnahmen noch immer viele Spielerund ihre Berater, aber auch Vorstände von Vereinen, die am Spielbetrieb der Fußballbundesliga teilnehmen. Häufig hoffen die Akteure aber auch darauf, dass ihrem Vertragspartner genau dieses Wissen fehlt. Rechtlich ist das Thema schon lange bekannt, entschieden und auch vom DFB und der DFL umgesetzt. Einseitige Verlängerungsoptionen sind unwirksam. Nach § 622 Abs. 6 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses regelt, darf für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden, als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Bereits 1971 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) daraus den allgemeinen Grundsatz entwickelt, dass es unzulässig sei, „eine ungleiche Kündigungslage zum Nachteil einer Vertragspartei, insbesondere des Arbeitnehmers zu schaffen“ und 1989 geurteilt, dass ein Verstoß gegen die Norm bereits dannanzunehmen sei, „wenn die Kündigung des Arbeitnehmers gegenüber der des Arbeitgebers erschwert“ sei. Das gleiche gilt selbstverständlich auch in einem befristeten Arbeitsvertrag, die ausnahmslos im Berufsfußball geschlossen werden. Rechtlich und tatsächlich machtes keinen Unterschied, ob es der Arbeitgeber allein in der Hand hat, den Vertrag zukündigen oder ob nur er die Möglichkeit hat, den befristeten Vertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern. Das interessierte den Fußballsport bis zum Bosmanurteil vom 15.12.1995 wenig, weil es wirtschaftlich auf den durch das Arbeitsrecht definierten Zeitpunkt der Beendigungeines Arbeitsverhältnisses zunächst nicht ankam. Erst nachdem der EuGH die verbandsrechtliche Möglichkeit, den Vertrag einseitig zu verlängern und das System der Transferentschädigungen, das komplizierter war, als es die Öffentlichkeit heute in Erinnerung hat, nach Ende der Vertragslaufzeit für mit den Freizügigkeitsvorschriften der EU unvereinbar erklärte, wurde die Frage des Zeitpunktes des Vertragsendes unddie Möglichkeit, den Vertrag durch vertragliche Option zu verlängern, auch im Fußball bedeutsam. Seitdem gibt es allerdings eine ganze Reihe arbeitsrechtlicher Entscheidungen und arbeitsrechtliche Literatur, die gerade die einseitige Verlängerungsoption von Vereinen gegenüber Spielern für unwirksam erklärt haben. Das hat auch den DFB/die DFL bewogen hat, die Lizenzordnung Spieler und den Musterarbeitsvertrag, der den meisten Verträgen zugrunde liegt, zu ändern. Nach § 6 III LO/Spieler ist zulässig nur eine beiderseitige Option zugunsten des Vereines UND des Spielers. Nicht wenige sind der Auffassung, dass eine einseitige Option zugleich ein Verstoß gegen die Lizenzordnung der DFL ist – die der DFL nicht verborgen bleiben kann, weil alle Spielerverträge dort zur Registrierung vorzulegen sind. Dennoch haben eine Vielzahl von Vereinen die einseitige Option durch Zusatzklauseln wieder in die Verträge aufgenommen, manchmal zwar im Wissen um die Rechtswidrigkeit, aber im Kern noch nicht einmal in böser Absicht. Gerade im Erprobungsinteresse werden häufig zunächst Einjahresverträge mit einer Option auf drei oder vier weitere Jahre geschlossen. Welcher südamerikanische oder afrikanische Spieler, der aufgrund der räumlichen Distanz nicht über einen längeren Zeitrum hat beobachtet werden können oder bei dem keine sichere Prognosemöglich ist, ob er sich in veränderten Umgebungsbedingungen genauso zeigt, wie unter dem Zuckerhut, würde wohl die Chance in Europa bekommen haben, wenn der Verein ihn von Anfang an für mindestens vier Jahre hätte verpflichten müssen? Ihn nur für ein Jahr zu verpflichten, damit der Spieler oder dessen Berater im Bewehrungsfall seine Dankbarkeit vergisst und sich seinen erarbeiteten Wert von diesem oder einem anderen Verein teuer vergüten läßt, ist nicht sinnvoll. Das ist auch manchmal der Grund, warum sich Spieler und Berater im unausgesprochenen Wissen um die Unwirksamkeit der Klausel darauf einlassen, auch wissend, dass sie damit eine Hintertür weit aufgestoßen haben, denn:
Das Arbeitsgericht Dortmund hat nicht als erstes auch für den Fußball bereits in einer Entscheidung vom 19.5.1998 im Zusammenhang mit der Verletzung des Rechtes auf Freizügigkeit durch eine Verlängerungsoption darauf hingewiesen, dass der Schutz dieser Rechte durch das Gesetz nicht der Disposition der Parteien unterliegt undunverzichtbar ist. Das heißt nichts anderes, als dass sich wechselwillige Spieler auch dann auf die Unwirksamkeit der Option berufen könne, wenn Ihnen sogar ihr Wissen um die Unwirksamkeit der Klausel bereits bei Vertragsunterzeichnung nachgewiesen werden kann. Damit sind Vereine erpressbar.

Allerdings hat auch das Rechtssystem für die Vereine ein Trumpf in der Hand: In der Regel kann die Option bis zum 30.4. eines Jahres ausgeübt werden. Die Transferperiode endet am 15.8. Innerhalb dieser Zeit fällt kein deutsches Arbeitsgericht ein rechtskräftiges Urteil. Aufgrund tatsächlicher Verhältnisse ist das System effektiven Rechtsschutzes im Arbeitsrecht damit für die Fußballbranche lückenhaft. Die Lücke soll geschlossen werden durch die Möglichkeit einstweiliger Verfügung auf Aufnahme in die Transferliste, die nach den Ordnungen der nationalen Fußballverbände und der FIFA Voraussetzung für einen Vereinswechsel ist. Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung beinhaltet aber eine Reihe prozessualer Probleme, an denen eine Reihe von Spielern gescheitert sind. Nicht ohne Grundhaben sich in der Vergangenheit Vereine darauf verlassen dürfen, dass die Spieler zwar im Recht sind, ihr Recht aber innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erstreiten können. Die Lösung des Problems ist, wie so häufig: Geld. Nachdem der Spieler zunächst als „unverkäuflich“ bezeichnet wird, die Parteien sich zunächst wechselseitig von der Öffentlichkeit unbemerkt mit Gutachten von Universitätsprofessoren zu beeindruckensuchen, wechselt der Spieler am Ende doch gegen eine Transferentschädigung, wobei der abgebende Verein beklagt, dass man wechselwillige Spieler „am Ende nicht halten kann“. Eingeweihte Juristen erkennen solche Auseinandersetzungen an einer Reihe von Zeichen, nicht zuletzt daran, dass mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ein Aufsatz in der Fachpresse mit dem Hinweis „Dieser Beitrag beruht auf einer Anfrageaus der Praxis“ erscheint. Auch wenn man liest, dass sich der Vertrag eines Spielers nach dem …..ten Einsatzum eine bestimmte Zeit verlängert habe, steckt dahinter das gleiche Problem, weil es natürlich nur der Verein und nicht der Spieler in der Hand hat, die Verlängerung des Vertrages durch eine Einwechselung zu beeinflussen. Und wenn ein Spieler zunächst von einem Verein mit einer späteren Kaufoption ausgeliehen wird, handelt es sich um das gleiche angreifbare Konstrukt.
Im Ergebnis muß man konstatieren, dass eine Vielzahl von Arbeitsverträgen in der Liga gefährdet sind. Die oft kolportierte Planungssicherheit ist damit unmittelbar gefährdet.

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